Landeskirchliches Archiv

Kassel

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DDB-Ausstellung „Sozialdisziplinierung und Widerstand – Die Zweite Reformation in Hessen-Kassel 1605“ veröffentlicht

Ein DreiViertel Jahrhundert nachdem Philipp I. in der Landgrafschaft Hessen-Kassel einen lutherisch geprägten protestantischen Glauben eingeführt hatte, hatten sich die Landesteile theologisch auseinanderentwickelt.

Der Landadel vor allem an der Werra und die Herrschaft Schmalkalden etwa waren lutherisch geprägt. Im niederhessischen Kernland dagegen vertraten viele Pfarrer und Gemeinden die theologische Linie des Kasseler Fürstenhauses, die sich zum reformierten Bekenntnis entwickelte. Als sich diese Mischlage zugunsten der Lutheraner verschob, versuchte Landgraf Moritz von Hessen-Kassel, die konfessionellen Verhältnisse in seinem Territorium zu vereinheitlichen – zum reformierten Bekenntnis hin. Dazu erließ er 1605 drei „Verbesserungspunkte“. Diese Vorschriften verletzten die Ansichten, Gefühle und Gebräuche der lutherischen Gläubigen so stark, dass es zu erheblichem Widerstand kam.

Die Ausstellung erläutert neuen Abendmahlsritus, neues Gesangbuch und neuen Katechismus ebenso wie neue liturgische Orte. Kirchen wurden innen schwarz verhüllt – Wandgemälde übertüncht. Das Bilderverbot führte auch zum Zerstören von Skulpturen und Entfernen von Taufsteinen.

Teufel, Kirche Dörnberg (Secco-Technik um 1509), nach 1605 übertüncht, in den 1930er Jahren wieder freigelegt. Landeskirchliches Archiv Kassel, Digitale Sammlung, Foto: Thorsten Albrecht 2005.

In den lutherisch geprägten Gemeinden regte sich Widerstand. Teile der oberhessischen Pfarrerschaft verweigerten die Annahme der Verbesserungspunkte, was zu ihrer Entlassung führte. Einige Gemeinden boykottierten neues Abendmahl und Konfirmation.

Erst im 19. Jahrhundert wurden die konfessionellen Grenzen überschritten. So öffnete sich 1822 die Marburger Universität auch lutherischen Gelehrten. Die beiden Konfessionsgemeinden der Stadt mit der reformierten Universitätskirche und der lutherischen Pfarrkirche bestanden fort.

Das gemeinsame Gedenken an den Thesenanschlag vor 300 Jahren brachte Lutheraner und Reformierte 1817 näher zusammen. Die Grafschaft Hanau-Münzenberg war zuvor durch konfessionsverschiedene Linien der Hanauer Grafen geprägt worden. Es gab an besonders vielen Orten lutherische und reformierte Gemeinden nebeneinander, mit jeweils eigenen Kirchen und zeitweise zwei kirchlichen Behörden. Hier wurde 1818 eine Union vollzogen, auch „Dritte Reformation“ genannt. Der Streit des 17. Jahrhunderts um die Gegenwart von Jesus blieb dabei unentschieden. Das wichtigste Lehrmaterial, Luthers Kleiner Katechismus und der reformierte Heidelberger Katechismus, wurden in einem Buch herausgegeben, was zum Spottnamen „Buchbinderunion“ führte.

Link zur Ausstellung: https://ausstellungen.deutsche-digitale-bibliothek.de/zweite-reformation/

Landeskirchliches Archiv Kassel – Zahlen, Daten, Fakten 2023 / 2024

DDB-Ausstellung „ein fürnemes Fest“ … Anmerkungen zu fast 500 Jahren Konfirmation veröffentlicht

Die Konfirmation bestätigt die Taufe und ist mit der Zulassung zum Abendmahl verbunden. Das evangelische Fest wurde und wird bewusst in Gruppen vorbereitet und gefeiert. Es spiegelt knapp 500 Jahre Sozialgeschichte wider.

Zur Erinnerung an die Goldene Konfirmation in Caldern 1950 (Foto: L. Gaertner), Pfarrarchiv Caldern

Diese Ausstellung macht auf vielfältige Facetten der Konfirmation vom 16. Jahrhundert bis heute aufmerksam. Es geht u.a. um Goldene Konfirmationen (Erinnerungskultur) und um Konfirmationsscheine (19. / 20. Jahrhundert). Kirchenordnungen des 16. bis 18. Jahrhunderts regelten den Konfirmationsgottesdienst umfänglich (Zeitpunkt, Dokumentation im Kirchenbuch, Gebühren, Platzierung im Gottesdienst). Der vorbereitende Konfirmationsunterricht (Stoffplan und gelernte Päckchen, Gottesdienstbesuchskarte 20. / 21. Jahrhundert) findet ebenso seinen Platz wie Auseinandersetzungen um das Konfirmationsalter (18./19. Jahrhundert).

Die Anfänge der Konfirmation sind in der sogenannten „Ziegenhainer Zuchtordnung“ von 1539 niedergelegt. Im Auftrag des hessischen Landgrafen Philipp des Großmütigen umschreibt Martin Bucer in Kapitel 3 die Eckdaten des neuen „fürnemen Fests“.

Die Konfirmation bedeutete einen großen Schritt hinein in das Erwachsenenleben. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts endete mit der Konfirmation oft auch der Schulbesuch. Die Konfirmierten arbeiteten auf dem elterlichen Hof oder begannen eine Lehre. Mit wachsendem bürgerlichen Wohlstand folgten den festlichen Konfirmationsgottesdiensten seit Beginn des 20. Jahrhunderts größere Familienfeiern mit Festessen und Geschenken. Was bleibt, sind Erinnerungen der Heranwachsenden an ihren ersten großen Auftritt – Konfirmationsjubiläen pflegen Erinnerungen gemeinschaftlich.

Link zur Ausstellung: https://ausstellungen.deutsche-digitale-bibliothek.de/konfirmation/