Das Reformationsjubiläum 1817, die „dritte Jubelfeier des Kirchenverbesserung“, war geprägt vom Unionsgedanken. Nach Beschluss von Kurfürst Wilhelm I. waren die hessischen „Consistorien zu Cassel, Marburg, Hanau und Rinteln“ gehalten, mit den Feierlichkeiten „die Hoffnung zur festesten Eintracht in der evangelischen Kirche“ zu begründen.
In der Verordnung zur Vereinigung der beiden Glaubensparteien in Hanau vom 4. Juli 1818 bestätigt Kurfürst Wilhelm I. die von der Synode beschlossene Union. „Zum immerwährenden Gedächtnisse, und zur Erneuerung der Eindrücke“ befiehlt er, den 1. Juni, den Tag, an dem die Synode endete, feierlich zu begehen. Die von der Synode zu Hanau genehmigten Artikel „wegen der Vereinigung der beiden evangelischen Kirchen“ sind anschließend abgedruckt.
Verordnung vom 4ten Juli 1818, die Vereinigung der beiden evangelischen Glaubensparteien betreffend
Die Synode zu Hanau, die 59 reformierte und 22 lutherische Kirchengemeinden repräsentierte und vom 27. Mai bis zum 1. Juni 1818 dauerte, beschloss die Vereinigung zu einer einzigen evangelischen Kirche. Die beiden protestantischen Konsistorien wurden zu einem einzigen verbunden. Die Bezeichnungen lutherisch und reformiert fielen zukünftig weg, Kirchen erhielten neue Namen, oft Namen von Dynasten. So wurde aus der „Hochdeutsch reformierte Kirche“, der Hauptkirche in der Hanauer Altstadt, die „Marienkirche“ nach Maria von Hannover, Landgräfin von Hessen-Kassel (* 1723, + 1772). Die ehemals lutherische Kirche in Hanau erhielt den Namen „Johanneskirche“ nach Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen, der einst in dieser Kirche den Grundstein gelegt hatte.
Wurde bei vereinigten evangelischen Gemeinden eine Pfarr- oder Schulstelle überflüssig, sollten die frei werdenden Mittel anderweitig möglichst vor Ort verwendet werden. Einige Kirchen hatten keine Funktion mehr, sie verschwanden.
Abbildung: Lutherische Kirche zu Windecken um 1800
Der Grundstein zur lutherischen Kirche in Windecken wurde 1719 gelegt. Die Einweihung fand 1722 statt. Nach der Kirchenvereinigung erhielt sie den Namen „Reinhardskirche“ (nach ihrem Erbauer, dem Grafen von Hanau Johann Reinhard). Sie wurde nach Konsistorialverfügung vom 10. März 1823 geschlossen und 1833 abgebrochen.
Quelle: Landeskirchliches Archiv Kassel Gb 198, Die Hanauer Union, Festschrift zur Hunderjahrfeier der ev.-unierten Kirchengemeinschaft im Konsistorialbezirk Cassel am 28. Mai 1918, hg. v. Pfarrer Carl Henß, Hanau 1918, S.292 und 532 f.
Bei der Abendmahls-Feier in der vereinten evangelischen Kirche sollte künftig „gewöhnliches Weizenbrod, ohne Sauerteig“ genommen und gebrochen werden.
Das neue gemeinschaftliche evangelische Konsistorium sollte alsbald eine gleichförmige Agende, einen gemeinschaftlichen Katechismus und ein neues Gesangbuch einführen. Dazu kam es jedoch nicht. Man gestand sich zwar gegenseitig die Abendmahlsgemeinschaft zu, konnte sich aber nicht auf einen einheitlichen Katechismus einigen. So wurden Luther-Katechismus und Heidelberger Katechismus in einem Band zusammen gebunden und es war jedem Einzelnen überlassen, an welchen der beiden er sich hielt. Dieses pragmatische Procedere brachte der Hanauer Union den Namen „Buchbinder-Union“ ein.
Bettina Wischhöfer