Landeskirchliches Archiv

Kassel

mehr als 200.000 Dokumente und 1,3 Mio. Digitalisate, 800 n.Chr. - 21. Jahrhundert

Süßer die Glocken nie klingen … Kirchenglocken erzählen

Glocken, Kirchenglocken eröffnen ein Universum. Der Klang der Glocken verbindet Himmel und Erde, begleitet das Leben, läutet bei Taufe und Beerdigung. Glocken strukturierten früher den Tagesablauf. Und Glocken berühren.

Lullusglocke zu Hersfeld 11. Jh. (Landeskirchliches Archiv Kassel, H Nachlass Friedrich Ernst Hoffmann Nr. 238)

Es gibt unzählige Gedichte und Lieder über Glocken, in vielen Sprachen – etwa Schillers „Lied von der Glocke“, Goethes „wandelnde Glocke“ von dem Kind, das nie zur Kirche sich bequemen wollte, oder Christian Morgensterns „Bim Bam Bum“ vom Glockenton BAM, der durch die Nacht fliegt auf der Suche nach der Glockentönin BIM.

„Frère Jacques“ ist ein weit verbreitetes französisches Kinderlied, aus dem 18. Jahrhundert, hierzulande besser bekannt als „Bruder Jakob“. Es handelt von einem Mönch, der Nachtwache hat und zum Gebet hätte läuten müssen, aber eingeschlafen ist und nun geweckt wird.

Die Glocken-Ausstellung des Landeskirchlichen Archivs Kassel ist die sechste DDBstudio Ausstellung. Sie umfasst rund tausend Jahre und spannt den Bogen von der Lullusglocke zu Hersfeld (11. Jahrhundert) bis zum Carillon der Karlskirche in Kassel, das auch zu hören ist. Erzählt wird von Glocken mit Pilgerzeichen aus dem 15. Jahrhundert, von einer Spendenaktion für eine neue Glocke aus dem 18. Jahrhundert, eine Trauergeläut-Geschichte aus dem 19. Jahrhundert, von einer Adolf Hitler Glocke und einem Glocken-Ringtausch während des Zweiten Weltkriegs.

Zur Ausstellung: https://ausstellungen.deutsche-digitale-bibliothek.de/kirchenglocken/

100 Jahre Dietgard Meyer und 60 Jahre Pfarrerinnen in Kurhessen-Waldeck

Im März 2012 wurde mit einem Festakt im Landeskirchenamt Kassel „50 Jahre Pfarrerinnen in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck“ gefeiert. Das Landeskirchliche Archiv steuerte eine Ausstellung mit Katalog bei.[1]

Im Vorfeld fand ein langes, aufschlussreiches Zeitzeugengespräch mit Landespfarrerin i.R. Dietgard Meyer statt. Frau Meyer, die im August 2022 ihren hundertsten Geburtstag feiert, hat dem Landeskirchlichen Archiv Kassel mit ihrem Vorlass wichtige Unterlagen und private Fotos zur Geschichte der Frauenordination, die sie maßgeblich miterlebt und geprägt hat, zur Verfügung gestellt.

[1] Bettina Wischhöfer, Pfarrhelferin, Vikarin, Pfarrerin – Theologinnen in Kurhessen-Waldeck (Schriften und Medien des Landeskirchlichen Archivs Kassel 31), Kassel 2012.

Dietgard Meyer betrachtet amüsiert ihr Biogramm in der Ausstellung „50 Jahre Pfarrerinnen“ im Landeskirchenamt 2012 (Foto: Wischhöfer).

Die Vorgeschichte

1908 erlangen Frauen in Preußen das Recht auf Zulassung zum Studium. Eine erste Interessenvertretung von Theologinnen manifestiert sich 1925 mit der Gründung des Verbands evangelischer Theologinnen in Marburg.

Die Theologin als Pfarrhelferin, Einsatz von Vikarinnen in der Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegszeit

Die Kirchenregierung der evangelischen Landeskirche in Hessen-Kassel definiert Vorbildung und Anstellung von Theologinnen in einem Beschluss von 1931 und einer Verordnung von 1932. Anzustellen sind Pfarrhelferinnen zur Unterstützung des Pfarramtes, bei Verheiratung scheidet die Pfarrhelferin aus.

Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 ändert sich die Lage. Durch die Einberufung vieler Pfarrer zum Kriegsdienst sind viele Kirchengemeinden verwaist – „weibliche Hilfskräfte für den Gemeindedienst“ werden bis in die unmittelbare Nachkriegszeit eingesetzt. Die Vikarinnen Bader, Doemich, Rühling und Staritz springen ein und übernehmen oft den gesamten Pfarrdienst.

Das Amt der Vikarin ab 1949

Nach Kriegsende diskutiert die Leitung der Landeskirche die Rechtsstellung der Vikarinnen neu. Gibt es 1947 fünf Vikarinnen in Kurhessen-Waldeck, wird der Bedarf 1948 für die nächsten fünf Jahre auf lediglich „zwei Theologinnen“ geschätzt. Kurhessen-Waldeck liegt hier im Trend, EKD-weit ist bis auf Württemberg, Pfalz und Berlin-Brandenburg kaum oder kein Bedarf vorhanden. Das Kirchengesetz über das Amt der Vikarinnen regelt 1949 in Kurhessen-Waldeck grundsätzliche Fragen. Der Dienst wird vornehmlich gegenüber Frauen und Kindern ausgeübt. Mit der Ordination wird der Vikarin grundsätzlich das Recht der Sakramentsverwaltung im Rahmen ihres Dienstes gewährt. Bei Heirat scheidet die Vikarin aus dem Amt aus.

Ordinationen von Vikarinnen finden ab 1952 in Kurhessen-Waldeck statt. Acht Ordinationen von Vikarinnen konnten bis 1961 für Kurhessen-Waldeck nachgewiesen werden, nicht alle, die qualifiziert waren, im Krieg eingesprungen sind und ordiniert werden wollten, kamen in den Genuss einer Ordination. Nicht selten wurde die Ordination hinausgezögert.  Das Vikarinnen-Amt wird als Amt sui generis verstanden – Vikarinnen sind kein „weiblichen Pfarrer“ und können daher auch keine besoldungsrechtliche Gleichstellung mit den Pfarrern aus dem Grundgesetz ableiten. In Kurhessen-Waldeck erhalten die Vikarinnen 80 Prozent des Pfarrergehalts.

Das Weltbild der männlichen Vorgesetzten den Vikarinnen gegenüber ist 1954 klar geordnet: „Fräulein F. scheint mit einer Vikarin befreundet zu sein, die in Baden Dienst tut und die ihr nun irgendwie davon erzählte, dass sie als „Frau“ angesprochen wird, eine eigene Wohnung hat und wie ein Pfarrer frei schaltet und waltet. Das steht ihr nun etwas vor Augen und im übrigen ist sie Ihnen gram, weil Sie irgendwie eine Äußerung gemacht haben sollen, dass Vikarinnen-Probleme am besten durch die Ehe zu lösen seien.“

1958 sind neben vier Sprengelvikarinnen zeitweise weitere fünf Vikarinnen in der Landeskirche tätig. Die Frage der verbindlichen Form der Amtstracht für Vikarinnen ist noch offen. Auf eine Anfrage von Vertrauensvikarin Meyer empfiehlt Prälat Hilmes „bis zur Regelung dieser Frage ein dunkles Kleid“. 1959 gibt dann die Dienstkleidung für Vikarinnen in Kurhessen-Waldeck: Statt des Beffchens trägt die Vikarin „hemdblusenähnliche Ecken (Überschläge) zum Einknöpfen…“

Der Zeitungsbericht über Vikarin Fuchslocher „Nach acht Semestern „Frau Vikarin“ – Jugendstunden und Krankenbesuche spiegelt exemplarisch das Amt. Ihr Alltag ist geprägt durch die Krankenhausseelsorge an Frauen und Kindern in fünf Kliniken, den sie mithilfe eines Dienstfahrzeugs (Goggomobil) besser bewältigt.

Das Amt der Pfarrerin ab 1962

Ende 1959 gibt es in vier evangelischen Landeskirchen gesetzlich festgelegt „Pfarrerinnen bzw.. „Pastorinnen“, die in vollem Pfarramt tätig sind: Lübeck, Anhalt, Pfalz und Hessen-Nassau. Die Besoldung ist – unabhängig von der Bezeichnung – bereits in zehn Landeskirchen angeglichen. Die Vertrauensvikarinnen aus den Landeskirchen der EKD, hier vertritt Dietgard Meyer Kurhessen-Waldeck, diskutieren schon seit längerem die „Theologinnenfrage“ und das sich langsam wandelnde Berufsbild. Die Broschüre „Die Vikarin“ solle neu aufgelegt werden und brauche einen neuen Titel, etwa „Die Pastorin“, so das Protokoll ihrer Tagung 1960 in Berlin-Spandau. Die nächste Vikarinnentagung wird unter dem Thema „Ehe und Ehelosigkeit der Theologin“ stehen. Der Vikarinnen-Ausschuß in Kurhessen-Waldeck mit „Frau Pfarrer Stehfen“ und Pfarrvikarin Meyer ist u.a. 1961 auf landeskirchlicher Ebene tätig. Es geht um die grundsätzliche Frage, ob die Landeskirche eine qualitative Gleichstellung des Pfarramts der Frau mit dem Pfarramt des Mannes anstrebt. So lehnt Kirchenrat Dr. Ritter kategorisch ab, sich von einer Frau das Abendmahl reichen zu lassen. Bei diesem Entschluß bleibe er auch in seiner Sterbestunde, er würde „dann leider auf das Abendmahl verzichten“. Anfang Dezember 1961 berät die Landessynode in Hephata die Vorlage für das Kirchengesetz über das Amt der Pfarrerin. Am Vorabend der Synode schreibt Vikarin Claudia Bader an Vikarin Dietgard Meyer: „Nun ist also morgen der entscheidende Tag für uns alle“. Sie spricht von einem „Kampf“, den sie nicht gesucht habe, als sie das Studium ergriffen habe. Obwohl Synodaler Ritter noch einmal ausführlich den „Gleichheitswahn der französischen Revolution, der in bedenklicher Weise auch in kirchlichen Gehirnen spuke“, anprangert, wird es ein „guter Tag“. Die Landessynode beschließt am 8. Dezember 1961 das Kirchengesetz über das Amt der Pfarrerin, das am 1. Januar 1962 in Kraft tritt. Wie ihre männlichen Kollegen werden Frauen nach einer entsprechenden Ausbildung nun zu Pfarrerinnen ordiniert und haben die Möglichkeit, ein Gemeindepfarramt zu übernehmen.

Die erste Ordination von Frauen zu Pfarrerinnen findet am 1. April 1962 in Wolfhagen gemeinsam mit fünf männlichen Kollegen statt. Die erste Frau, die im Juni 1962 in Kurhessen-Waldeck in ein Gemeindepfarramt eingeführt wird, ist Pfarrerin Specht in Hanau. Als erste Landespfarrerin wird im November 1963 Dietgard Meyer eingeführt.

Es sollte noch dreißig Jahre dauern, bis in jeder Hinsicht die volle Gleichstellung erreicht war.

 

Fünf Tage im Dezember 1961 – Vorlage, Lesung und Abstimmung Kirchengesetz über das Amt der Pfarrerin auf der Landessynode zu Treysa-Hephata

Am 4. Dezember 1961 schreibt Claudia Bader (1900-1974), ordinierte Theologin wie Dietgard Meyer und zu diesem Zeitpunkt Sprengelvikarin im Sprengel Marburg, an ihre Kollegin und Freundin Dietgard.

Landeskirchliches Archiv Kassel, Bestand H Vorlass Dietgard Meyer Nr. 18 (Briefwechsel mit Claudia Bader).

Transkription:

M[ar]b[ur]g 4. Dez[ember] [19]61

Liebe Dietgard,

nun ist also morgen der „entscheidende Tag“ für uns alle auf dem harten Wege all der Jahre, die soviel & unnötige Kraft von uns gefordert haben, die anders besser angewandt worden wären. Aber wir haben ja diesen Kampf nicht gesucht, als wir das Studium ergriffen! – Ob es ein „guter Tag“ wird? Ob´s uns ein Stück dem Ziele näher bringt? Oder ob es zu einer Notlösung kommt? – Wir wollen´ s Gott befehlen. 3 meiner Gemeindeglieder, 3 meiner treusten wollen morgen – statt meiner zur Sitzung nach Treysa fahren und nehmen diesen Gruß mit. Ich hörte gern zu als Mäuschen“! – aber mein Tag ist voll besetzt, und es ist besser, wenn ich unsichtbar bleibe! – Grüßen Sie alle, die ich kenne dort. Ritter sah ich heute mit Köfferchen abreisen, aber er sah mich nicht! Wie wird er sich verhalten?

[… Ihre Claudia

Hoffentlich geht unsere Sache morgen wirklich „über die Bühne“? Hoffentlich!]

 

Am 8. Dezember 1961 weist der Vorsitzende der Synode, Oberamtsrichter Hans-Hartmann Freiherr von Schlotheim (Hofgeismar) darauf hin, dass mit Beginn der Dritten Lesung des Kirchengesetzes über das Amt der Pfarrerin nur noch zu der Vorlage als Ganzes gesprochen werden kann. Als erster ergreift Synodaler Kirchenrat D. Dr. Karl-Bernhard Ritter (Marburg) das Wort. Der Theologe lehnt die Einführung der Frauenordination entschieden ab.

Es folgt eine Stellungnahme von Bischof Wüstemann, der den vorliegenden Gesetzentwurf verteidigt.

Für die Frauenordination spricht Synodale Elisabeth Stehfen (Kassel), Theologin und mit der Leitung des Amtes für kirchliche Frauenarbeit betraut.

Danach stellt der Vorsitzende das Gesetz über das Amt der Pfarrerin zur Abstimmung. Es wird mit 51 Stimmen bei 7 Neinstimmen und 2 Enthaltungen angenommen.

Das Gesetz trat zum 1. Januar 1962 in Kraft. Die Amtseinführung von Claudia Bader in eine Gemeinde fand im Dezember 1962 in Marburg statt. Dietgard Meyer wurde 1963 zur ersten Landespfarrerin für kirchliche Frauenarbeit ernannt.

Landeskirchliches Archiv Kassel, AB 17 / 61, Verhandlungen der 2. Ordentlichen Tagung der 3. Landesynode der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck von Montag, den 4. Dezember bis Freitag, den 8. Dezember 1961 zu Treysa-Hephata. – Elfte Öffentliche Sitzung, Freitag, 8.12.1961, vormittags: Dritte Lesung des Kirchengesetzes über das Amt der Pfarrerin, S. 127 – 132. Die Tonbandaufnahmen der Synode konnten 2018 in das Archiv übernommen werden. Die vier Audio-Dateien geben den Verlauf der Dritten Lesung fast vollständig wieder.

 

Vita Dietgard Meyer

Dietgard Meyer, am 14. August 1922 in Berlin-Wilmersdorf geboren als Tochter eines Ministerialrats, begann 1945/46 ein Studium der Theologie und Jurisprudenz in Heidelberg. Nebenbei fertigte sie Übersetzungen und Schreibarbeiten bei und für Theodor Heuss und Hermann Maas. 1946/47 setzte sie das Theologiestudium in Göttingen fort. 1947 wirkte sie dort als Sozialreferentin im Asta und Asta-Vorsitzende. Sie studierte weiter in Marburg und Basel (Stipendium durch Karl Barth) und legte 1951 das Fakultätsexamen in Göttingen ab.

1953 absolvierte Meyer das Vikariat bei Dekan Karl Wessendorft (Hanau). Im September 1953 legte sie das Zweite Theologische Examen als Externe in Hofgeismar ab. Nach Hilfsvikarinnen-Tätigkeiten im Sprengel Hanau und im Sprengel Kassel wurde Meyer am 16. November 1955 in der Karlskirche in Kassel ordiniert. Ihr wurde die Stelle einer Vikarin im Sprengel Kassel verliehen.

1958 wurde sie Vertrauensvikarin in der EKKW gewählt, später zur Vertrauenspfarrerin für den Theologinnenkonvent (bis1968). 1960 erhielt Meyer eine Berufung durch den Rat der Landeskirche in die Theologische Kammer. 1964 bat sie darum, die Berufung zurückzunehmen wegen im Amt für kirchliche Frauenarbeit eingetretener zusätzlicher Belastungen.

1963 wurde Meyer zur Landespfarrerin für kirchliche Frauenarbeit ernannt. Von 1974 bis 1978 wirkte sie als Vorsitzende das Pfarrerausschusses im Sprengel Kassel. 1982 trat sie in den Ruhestand.

Die Geschichte der Frauenordination, die sie miterlebt und geprägt hat, ließ sie nie los. So gab sie 1999 zusammen mit Hannelore Erhart und Ilse Meseberg-Haubold einen ersten Dokumentenband über die Theologin und Pfarrerin Katharina Staritz heraus, der die Jahre 1903 bis 1942 umfasste. Band 2, herausgegeben von Ilse Meseberg-Haubold und Dietgard Meyer, dokumentiert die Jahre 1943 bis 1953 und erscheint pünktlich zum 100. Geburtstag von Dietgard Meyer.

Bettina Wischhöfer

Vorlass des Kirchenmusikers und Komponisten Hans Darmstadt

Das Landeskirchliche Archiv Kassel schätzt sich glücklich, den Vorlass von Hans Darmstadt übernehmen zu können. Ende Mai wurde die erste Lieferung vom Vorlassgeber persönlich übergeben. Sie enthält Manuskript-Partituren, teils veröffentlicht, teils unveröffentlicht. Tonaufnahmen, Programmhefte und Kataloge sowie Korrespondenzmappen werden folgen.  

Darmstadt, 1943 in Halle (Saale) geboren, studierte u.a. an der Kirchenmusikschule und an der Universität Frankfurt / Main. Komposition studierte er bei Konrad Lechner (1965-1969) und Günther Becker (1969-1972). Während seiner Zeit als Kirchenmusiker in Griesheim absolvierte er das A-Examen. Nach seiner Hamburger Zeit wurde er 1994 als Kirchenmusikdirektor an die Kirche St. Martin in Kassel berufen. Die Hauptkirche Kassels und Bischofskirche der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck steht im Zeichen der Neuen Musik. 2006 beendete er dort seine Tätigkeit und wurde zum Abschied mit der Heinrich-Schütz-Medaille ausgezeichnet. Darmstadt lehrte von 1976 bis 2008 Musiktheorie und Komposition an der Musikhochschule Lübeck. 1992 wurde er zum Professor ernannt. Seine Veröffentlichungen als Komponist und Autor sind umfangreich. 

[www.hans-darmstadt.de; Werke von Hans Darmstadt in der Deutschen Nationalbibliothek DNB, Katalog der Deutschen Nationalbibliothek]

Das Landeskirchliche Archiv wird den Vorlass zeitnah verzeichnen und einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich machen.

Nach der Übergabe und einer Archivführung vor dem Magazingebäude (von links nach rechts): Herr Darmstadt, Archivleiterin Wischhöfer, Frau Darmstadt, stellvertr. Archivleiter Heidtmann-Unglaube (Foto: Funkner, Landeskirchliches Archiv Kassel).

Neuer Flyer „Archive in Nordhessen“

Fünfzehn Archive in Nordhessen haben sich im Vorfeld des Tags der Archive 2022 virtuell zusammengesetzt und einen aktualisierten Flyer erstellt. Er löst den Flyer von 2015 ab und wurde von Michael Gärtner (documenta Archiv) gestaltet.

Der Flyer ist online abrufbar unter https://publicarea.admiralcloud.com/dl/vSdW34UFP4iwxZWzxkDjjM und wird demnächst auch gedruckt in den nordhessischen Archiven erhältlich sein.

Die Doppelseite des Landeskirchlichen Archivs ist im Folgenden abgebildet.

Landeskirchliches Archiv Kassel, Nachlass Friedrich Ernst Hoffmann, Nr. 16, Zennern (vormals gotischer Taufstein, genutzt als Spülstein im Schulhaus) Bleistiftzeichnung 1859; Blick in das Foyer 2020, Foto: medio.tv/schauderna.

Fakten, Geschichten, Kurioses – Zum Tag der Archive März 2022

Alle zwei Jahre wird am bundesweiten Tag der Archive die öffentliche Aufmerksamkeit auf die vielfältigen gesellschaftlichen Funktionen der Archive gelenkt. Dieses Jahr steht der Aktionstag unter dem Motto „Fakten, Geschichten, Kurioses“. Es wurde von den Mitgliedern des Verbands deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. (VdA) ausgewählt.

Das ausgewählte Blatt gehört in die „Sammlung Vasa sacra“ (Inventarverzeichnisse der Jahre 1985 bis 1991). Der Bestand wurde 2000 vom Landeskirchlichen Archiv übernommen und anschließend digitalisiert. 39.500 Fotos inclusive Beschreibungen weisen in der Regel Altargeräte und Ausstattungsgegenstände der Kirchengemeinden und ihrer Kirchen aus. Im vorliegenden Fall hat eine Person von gehörigem Humor einen Korkenzieher nach allen Regeln der Kunst fotografiert und inventarisiert. Dieser soll ganz erstaunliche Eigenschaften haben: eine Spindel aus Gold, einen Griff aus Zedernholz, gefertigt 60 v. Chr., mit einer Inschrift „Made in Taiwan“ und für Linkshänder!

 

Landeskirchliches Archiv Kassel, Digitales Bildarchiv, Sammlung vasa sacra, Curiosa 1988 (Korkenzieher).

 

Phasen der Bestandsaufnahme von Vasa sacra in Kurhessen-Waldeck im 20. Jahrhundert

Qualitätsvolle Vasa sacra sind in den Bänden der „Bau- und Kunstdenkmäler in Hessen“ beschrieben, selten jedoch die gesamten Ausstattungen. In den Kriegsjahren 1943/44 sind vom damaligen Provinzialkonservator Bestandsaufnahmen betrieben worden, die sich vor allem auf Landkreise erstreckten, die noch nicht entsprechend dokumentiert waren. 1968 hat das Landeskirchenamt Kassel Kopien dieser Dokumentation erhalten. Diese wurden Ende 1968 an die jeweiligen Kirchengemeinden zusammen mit einem Fragebogen gesandt, in dem entweder der Bestand zu bestätigen war oder etwaige Verluste einzutragen waren. 1975/76 hat eine Bezirkskonservatorin im Auftrag des Landeskirchenamtes eine Bestandsüberprüfung vorgenommen, die sich auf den Vergleich der Bestandsaufnahme von 1943/44 beschränkte. Ihr Bericht führte die in der Zwischenzeit verlorenen Geräte auf (Angaben aus 8 von 27 Kirchenkreisen mit 272 Gemeinden). Hochgerechnet auf 993 Gemeinden insgesamt liegt der Verlust bei einer Größenordnung von 750 Geräten, davon u. a. 50 vergoldete Kelche, 30 Silber-Kelche und 40 Patenen.

Zwischen 1985 und 1991 fand eine neue Bestandsaufnahme statt. Ursprünglich sollte die gesamte Dokumentation von ein oder zwei pensionierten Architekten der Bauberatung ausgeführt werden. Dann wurde jedoch beschlossen, die Erhebungen durch die Kirchenkreise bzw. die Rentämter zu betreiben. So kam es trotz Koordinationsbemühungen zu Unterschieden in der Durchführung der Dokumentation. Die größten Abweichungen gab es dort, wo die jeweiligen Pfarrämter die Aufstellung vornahmen. Unsicherheiten gab es bei der Materialbestimmung und der Datierung. In diesen Zusammenhang gehört die Inventarisierung des Korkenziehers …

Nachdem 1992 der Kirchenkreis Schmalkalden nachträglich erfasst worden war, kam man auf 8.731 Altargeräte (Abendmahl: Kelch, Kanne, Patene, Taufe: Schale, Kanne, sonstige Hostiendosen). Knapp 50 Prozent stammen aus der Zeit nach Einsetzen der Manufaktur- und Fabrikfertigung (ab Mitte 19. Jahrhundert) und sind im Wesentlichen als Gebrauchsgeschirr anzusehen. Die andere Hälfte ist aufgrund ihres Alters und des verwendeten Materials (Gold, Silber, Zinn, Messing) als kunstgeschichtlich relevant zu betrachten. Da erhebliche Zweifel an der qualitativen Aussagekraft der Erhebung von 1985 bis 1992 bestehen blieben, hat das Landeskirchenamt ab 1993 eine Kunsthistorikerin beauftragt, den Sprengel Hanau (die fünf südlichen Kirchkreise Kurhessen-Waldecks) professionell zu erfassen. Dies ist bis 2004 geschehen. Die übrigen Sprengel werden seither durch einen Kunsthistoriker des Landeskirchenamtes erschlossen, der Vasa sacra und bewegliches kirchliches Kunstgut inventarisiert.

Bettina Wischhöfer